Während meiner Schulzeit lebte ich in einer ländlichen Region und war ständig von Rapsfeldern umgeben. Irgendwann fand ich heraus, dass man aus Raps unter anderem Biokraftstoffe herstellt, mit denen man herkömmliche Autos betreiben kann. Die Idee finde ich noch heute faszinierend! Aber wie sinnvoll ist das wirklich?

Die Vorteile lagen für mich damals wie heute klar auf der Hand. Biokraftstoffe sind:
- CO2-neutral: Der Biosprit kann nur so viel CO2 bei der Verbrennung freisetzen, wie die Pflanzen während ihres Wachstums zuvor aus der Luft gefischt haben.
- Regenerativ: Die Felder können jedes Jahr neu bestellt werden.
- Einfach einsetzbar: Wir können mit Biosprit ganz einfach leicht angepasste Verbrennungsmotoren betreiben.
Nachteil: Riesiger Flächenbedarf
Das riesige Problem mit Biokraftstoffen wurde mir auch erst beim Lesen des Buches „Nachhaltige Energiegewinnung – ohne die heiße Luft“ wirklich bewusst: Wir benötigen absurd große Anbauflächen, um den Straßenverkehr auf Biokraftstoffe umzustellen. Das lässt sich am Beispiel von Deutschland sehr schnell zeigen:
Nach einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes verbrauchte alleine der Personenverkehr auf deutschen Straßen im Jahr 2013 eine Energiemenge von rund 1880 Milliarden MJ (Megajoule), wohingegen der Güterverkehr 795 Milliarden MJ benötigte. Insgesamt also 2675 Milliarden MJ nur für den Straßenverkehr.
Für unsere Überschlagsrechnung nehmen wir jetzt einmal an, dass wir diese Energie in Form von Biokraftstoff aus Rapsöl bereitstellen wollen. Anhand der Daten des Vereins „Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.“ (FNR) stellen wir fest, dass ein Rapsfeld mit einer Fläche von einem Hektar (10 000 m²) etwa 1775 Liter Kraftstoff liefert. Wir lesen dort auch, dass dieser Rapsölkraftstoff einen Energieinhalt von 34,59 MJ/l hat. Insgesamt können wir also 1775 ⋅ 34,59 = 61 400 MJ pro Hektar Ackerland ernten.
Wie viel Ackerfläche brauchen wir also für den deutschen Straßenverkehr? Dazu teilen wir einfach 2675 Milliarden MJ durch 61 400 MJ/ha und stellen fest, dass wir „lediglich“ rund 43 Millionen Hektar, also 430 000 km² Ackerfläche benötigen. Zum Vergleich: Deutschland hat insgesamt nur eine Fläche von 357 376 km². Es ist also praktisch unmöglich, auf der Fläche von Deutschland genug Biokraftstoff für Deutschlands Straßenverkehr zu produzieren!
Für mich ist damit die Idee gestorben, Biokraftstoffe flächendeckend(!) zu nutzen. Insbesondere sollte sich die Politik, welche die Beimischung zum regulären Kraftstoff mittlerweile vorschreibt, unbedingt aus diesem Feld zurückziehen und ihre Aufmerksamkeit auf effizientere Alternativen lenken.
Vergleich zu Elektroautos
Diese Erkenntnis über Biokraftstoffe hat mich zunächst ziemlich pessimistisch gestimmt. Denn prinzipiell haben wir dieses Problem mit allen biologisch nachwachsenden Rohstoffen. Wenn ich ausrechnen würde, wie viele Wälder wir bräuchten, um die deutschen Wohnungen zu heizen, sähe die Lage nicht besser aus. Aber wir haben auch deutlich effizientere Alternativen. Wie wäre es zum Beispiel damit, Elektroautos zu fahren und den Strom dafür photovoltaisch zu erzeugen? Wir haben dadurch zwei große Vorteile:
Erstens: Durch die Nutzung von Elektroautos reduziert sich zunächst die benötigte Energiemenge. Laut ADAC EcoTest verbraucht beispielsweise der VW Golf 1.2 TSI BMT Comfortline mit einem 77 kW Motor 5,3 l Super auf 100 km (Stand: März 2013). Das sind bei 9,7 kWh/l dann 51,4 kWh auf 100 km. Sein Bruder VW e-Golf mit 85 kW Motor braucht 18,2 kWh Strom auf 100 km (Stand: Juni 2014).
Also ist der e-Golf um den Faktor 2,8 effizienter. Daran wird sich in Zukunft auch nicht viel ändern, da Verbrennungsmotoren aus thermodynamischen Gründen nur wenig besser werden können. Mit einem vollständig elektrifizierten Straßenverkehr hätten wir also im Jahr 2013 dafür nur 2675 Milliarden MJ / 2,8 = 956 Milliarden MJ benötigt, was etwa 266 TWh elektrischer Energie entspricht.
Zweitens: Die Energieerzeugung durch Photovoltaik ist wesentlich effizienter als die Photosynthese. In einem früheren Beitrag habe ich bereits berechnet, dass wir in Deutschland mit 9150 km² Photovoltaik-Freiflächenanlagen 592 TWh Strom pro Jahr erzeugen können. Also genügen 4112 km² Landfläche, um 266 TWh zu erzeugen. Damit ist diese Art der Elektromobilität hinsichtlich des Flächenbedarfs insgesamt um einen Faktor von 430 000 km² / 4112 km² = 104 effizienter als die Nutzung von Biokraftstoffen!
Fazit
Die vielen auf den ersten Blick bestechenden Vorteile von Biokraftstoffen können ihren größten Nachteil, den gigantischen Flächenbedarf, nicht aufwiegen. Allerdings gibt es eine um den Faktor 100 effizientere Alternative: Die Flächen zur Erzeugung von Solarstrom zu nutzen und damit Elektroautos zu betreiben. Der Nobelpreisträger Prof. Dr. Hartmut Michel spricht sogar von einem Faktor 600. In jedem Fall läuft es auf einen Unterschied von zwei Größenordnungen hinaus.
Frage: Was halten Sie von Biokraftstoffen? Waren die Berechnungen in diesem Artikel für Sie nachvollziehbar und hilfreich?
Wie immer freue ich mich über Feedback und Anregungen in den Kommentaren!