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Schon lange wünsche ich mir, eines Tages mein eigenes Elektroauto mit angemessen großer Reichweite zu fahren. Mittlerweile erfüllen sich immer mehr Menschen diesen Wunsch und wollen zu Hause eine Ladestation für das eigene E-Auto installieren. Damit der Wagen schnell wieder voll aufgeladen ist, sollte die verfügbare Ladeleistung und damit die Leistung des eigenen Hausanschlusses möglichst hoch sein. In diesem Beitrag möchte ich ein Gefühl dafür vermitteln, wodurch diese Leistung limitiert wird und durch welche Maßnahmen sie erhöht werden kann. Bei meinem Versuch, eine eigene kleine Ladestation zu errichten, habe ich dazu ein paar Erfahrungen gesammelt.
Absicherung im Hausanschlusskasten

Autor: Jarlhelm
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Letzten Endes sind es die Hauptsicherungen im Hausanschlusskasten (HAK), welche die verfügbare Leistung am Hausanschluss bestimmen. Meistens handelt es sich dabei um Niederspannungs-Hochleistungs-Sicherungen (NH-Sicherungen), die auch gerne Panzersicherungen genannt werden. Sie lösen aus, sobald ihr Nennstrom überschritten wird, und limitieren damit den Stromfluss über die Zuleitung. Der Hausanschlusskasten ist normalerweise verplombt und darf nur von Elektrofachkräften geöffnet werden. Jede der drei spannungsführenden Phasen ist mit einer eigenen NH-Sicherung versehen. Kennt man die Nennströme der Hauptsicherungen im eigenen Haus, so kann man leicht die maximale Leistung des eigenen Hausanschlusses ausrechnen. Bei manchen Hausanschlusskästen sind die Hauptsicherungen sogar von außen einsehbar. Sind die Sicherungen nicht einsehbar, sollte man beim örtlichen Verteilnetzbetreiber (VNB) nachfragen (Details).
Von der Stromstärke zur Leistung
Die Netzspannung an Hausanschlüssen ist in Deutschland nach der Norm DIN EN 60038 geregelt. Die Nennspannung beträgt 230V ± 23V. Das heißt, die reale Spannung darf irgendwo zwischen 207V und 253V liegen. Zur Berechnung der maximal aus dem Hausanschluss entnehmbaren Leistung müssen wir 230V mit dessen maximaler Stromstärke multiplizieren.

Autor: Jarlhelm
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Beispiel: Im Hausanschlusskasten ist jede der drei Phasen mit jeweils 36A abgesichert. Dann beträgt die maximal entnehmbare Leistung 3 ⋅ 36A ⋅ 230V = 24,8kW. Man könnte daran „gerade so“ eine 22kW Ladestation für Elektroautos betreiben. Allerdings würde man an einem mit 36A abgesicherten Hausanschluss keine solche Ladestation installieren, da bei gleichzeitigem Betrieb von Ladestation und Backofen sofort die Panzersicherungen auslösen würden. Und das führt zu geringfügigen Unannehmlichkeiten in Form eines Elektrikerbesuchs und eines Stromausfalls …
Begrenzung durch den Stromzähler
Bevor wir den Strom zum Laden eines E-Autos nutzen dürfen, muss er zunächst durch unseren Stromzähler, der meistens in einem Zählerkasten untergebracht ist. Dieser kann ebenfalls die nutzbare Leistung limitieren. Prinzipiell würde man dieses Problem mit einem zweiten Zähler für die Ladestation aus dem Weg räumen, was allerdings deutliche Mehrkosten verursachen würde. Oft ist dies aber nicht notwendig.

Autor: Harry20
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Im Zählerkasten kann der maximale Strom an zwei Stellen begrenzt sein: Es können erstens Vorsicherungen für den Zähler existieren und zweitens verkraftet der Zähler selbst nur einen begrenzten Stromfluss. Viele Zähler tragen beispielsweise die Aufschriften 3×230/400 V und 10(60) A. Sie sind also für jede der drei Strom führenden Phasen auf einen Nennstrom von 10A und einen Maximalstrom von 60A ausgelegt. Über einen solchen Zähler könnte ich also insgesamt eine Leistung von 3 ⋅ 60A ⋅ 230V = 41,4kW beziehen, was für eine 22kW Ladestation und den Betrieb meiner Wohnung ausreicht.
Anruf beim Verteilnetzbetreiber (VNB)
Möchte man es genau wissen und beim Bau der Ladestation alle geltenden Regelungen beachten, lohnt sich in jedem Fall ein Anruf beim örtlichen Verteilnetzbetreiber. Für meine Wohnung in Dortmund ist das zum Beispiel die Dortmunder Netz GmbH. Bei meinem ersten Telefonat nannte ich meine Zählernummer und hatte sofort einen kompetenten Mitarbeiter am Apparat, mit dem ich meine weitere Vorgehensweise abstimmen konnte. Da ich in einem relativ alten Haus mit 5 Wohnungen lebe, konnte er aus der Ferne zwar keine eindeutige Aussage treffen, mir aber trotzdem weiterhelfen.
Denn es gibt bei diesem Versorgungsunternehmen die Möglichkeit der kostenfreien Versorgungsanfrage. Dabei sende ich dem Unternehmen ein unterschriebenes Anfrageformular zu, auf dem ich bereits meinen Leistungsbedarf (z. B. 22kW Ladestation + Wohnung) und Details zum Gebäude eingetragen habe. Anschließend wird ein Ortstermin vereinbart. Sollte die vorhandene Anschlussleistung für meine Pläne nicht ausreichen, erstellt mir der Versorger ein Angebot zur Anschlussverstärkung, um den Leistungsbedarf zu decken. Natürlich kann man dabei auch die Kosten für verschiedene Ladeleistungen diskutieren.
Im schlimmsten Fall, wenn man z. B. eine 44kW Ladestation haben möchte (>64A Panzersicherungen), muss die Stromleitung zum Haus erneuert werden, was relativ teuer werden kann. Im besten Fall muss nichts geändert werden oder es müssen nur die Hauptsicherungen im Hausanschlusskasten getauscht werden.
Meldepflichtige Verbraucher
Die Versorgungsanfrage ist auch dann notwendig, wenn die Ladestation nach den technischen Anschlussbedingungen (TAB) des Versorgungsunternehmens meldepflichtig ist. Im Fall der Dortmunder Netz GmbH galten die TAB 2007 (Ausgabe 2011) des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). Dort steht in § 2 Absatz 3:
Aus den im Absatz 2 genannten Gründen bedarf der Anschluss folgender Anlagen und Verbrauchsgeräte der vorherigen Beurteilung und Zustimmung des Netzbetreibers:…– Einzelgeräte mit einer Nennleistung von mehr als 12kW
Nach meinem Verständnis dieses Absatzes darf man eine Ladestation mit 11kW Nennleistung noch ohne Meldung an den Netzbetreiber aufbauen, muss sie aber bei höheren Ladeleistungen melden. Im Zweifel muss jeder selbst die TAB seines eigenen Verteilnetzbetreibers nach der Meldepflicht durchsuchen, oder diesen einfach kontaktieren.
Wie immer freue ich mich über Feedback und Anregungen in den Kommentaren!